Nach fast einem Jahr Pandemie wurde uns Ende letzten Jahres endlich ein Hoffnungsschimmer gegeben. Mehrere Impfstoffe erhielten eine Zulassung und es konnte tatsächlich angefangen werden zu impfen. Doch mit der Zeit zeigen sich immer mehr Ungerechtigkeiten im Impfprozess. Unter anderem mehrere Berichte darüber, wie Stadträte und Krankenhausvorstände sich vor Pfleger:innen und Risikogruppen impfen lassen. Die Geschwindigkeit der Impfungen erscheint allgemein zu langsam zu sein. Global betrachtet wird das Problem noch stärker sichtbar: Während viele reiche Länder deutlich mehr Impfstoff bestellt haben, als sie benötigen, werden einige ärmere Länder bis Ende des Jahres nicht einmal 10 Prozent ihrer Bevölkerung impfen können. Mit der Entwicklung des COVAX (COVID-19 Vaccines Global Access) Fonds hatte die WHO versucht diese Ungleichheit zu verhindern. In diesen Fond sollten alle WHO-Länder einzahlen um anschließend daraus Impfstoff zu kaufen und gerecht zu verteilen. Viele reiche Länder umgingen diesen Fond jedoch, indem sie Verträge direkt mit den Produzenten aushandelten. Dadurch stehen dem COVAX Fond nicht nur weniger Geld und Impfstoff zur Verfügung, sondern die Impfungen verzögern sich auch durch fehlende Zulassungen der WHO. Da viele Länder keine ausreichenden Kapazitäten für die Zulassung von Impfstoffen haben, bietet die WHO ein eigenes Zertifizierungssystem an. Die meisten Hersteller beantrage die Impfstoffzulassungen jedoch erst in Ländern, in die Zulassungen am profitabelsten sind, also in den Ländern die direkt bei ihnen kaufen. Es gäbe aber noch weitere Möglichkeiten diese Ungerechtigkeiten auszugleichen: Die Patente für die Impfstoffe könnten freigegeben werden. Eine Freigebung der Impfstoff Patente hätte mehrere Vorteile: Der Impfstoff würde nicht nur deutlich günstiger werden, es könnten auch wesentlich mehr Dosen produziert werden. Vor allem ärmere Länder könnten ihre Bevölkerung so schneller impfen und die Pandemie würde effektiver und flächendeckender bekämpft werden. Solch eine globale Bekämpfung der Pandemie ist nicht nur solidarischer, sie verringert auch die Chance auf neue Mutationen, wovon alle Länder profitieren würden. Rechtlich ist die Freigebung der Impfstoff Patente durchaus möglich, da die Regierung nach §13 Abschnitt 1 des Infektionsschutzgesetzes die Formeln der Impfstoffe trotz bestehender Patente nutzen könnte. Zudem wurde die Forschung zu etwa 60 Prozent aus Steuergeldern finanziert. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung förderte drei deutsche Impfstoffentwickler mit insgesamt 750 Millionen Euro, Biontech beispielsweise erhielt nach eigenen Angaben 375 Millionen Euro. Anders als in anderen Ländern wurden in Deutschland an die Förderung keine Bedingungen geknüpft. In Großbritannien beispielsweise wurde an die Förderung für den Impfstoff von AstraZeneca die Bedingung gehängt, dass dieser zum Herstellungspreis verkauft wird. Dieser Impfstoff ist mit 1,78 € pro Dosis nun deutlich günstiger als der von Deutschland geförderte Impfstoff von Pfizer und BioNTech mit 12 € pro Dosis. Die Profitorientierung der Pharmaunternehmen kann sich sogar negativ auf die Impfstoffentwicklung auswirken. Die EU-Kommission hatte bereits 2017 den Pharmaunternehmen angeboten, die Forschung an einem Impfstoff gegen die Coronaviren zu bezahlen. Nach den Ausbrüchen von SARS und MERS wollte man vorbereitet sein. Die Pharmaunternehmen lehnten das Angebot jedoch ab. Erst als die Entwicklung eines Impfstoffes erhebliche Profite, nicht nur Kostendeckung, versprach waren die Unternehmen interessiert.
Reiche länder sichern sich mehr Impfstoff als sie brauchen:
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-impfstoff-gerechte-verteilung-weltweit-100.html
Einige Länder können bis Ende des Jahres nur 10% impfen:
https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/corona-impfstoff-arme-laender-gehen-leer-aus
Höhe der staatlichen Förderungen:
https://www.bmbf.de/de/karliczek-unsere-foerderung-ebnet-der-impfstoff-forschung-gegen-covid-19-den-weg-12729.html
60% der Impfstoffentwicklung wurde durch Steuergelder bezahlt:
https://www.bbc.com/news/business-55170756
Preise der Impfstoffe:
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/belgien-politikerin-verraet-versehentlich-impfstoffpreise-auf-twitter-a-7313d168-6486-45d5-9fef-b347639e3d03
Pharmaunternehmen lehnen Coronavirus Impfstoffentwicklung 2017 ab:
https://www.theguardian.com/world/2020/may/25/exclusive-big-pharma-rejected-eu-plan-to-fast-track-vaccines-in-2017