Die CDU in Münster ist in einer tiefen Krise. Nichts verdeutlicht das besser als der Durchmarsch von Hendrik Grau und seiner Immobilien-Entourage an die Spitze von Partei und Ratsfraktion.

Münster ist ein El Dorado für Miethaie und Spekulanten. Dass dem so ist, liegt vor allem an der mit Unterbrechung von fünf Jahren (1994-1999) in dieser Stadt regierenden CDU, die dafür die nötigen Voraussetzungen geschaffen hat.

Die Serie der Skandale des schwarzen Filzes in unserer Stadt ist lang: Erinnert sei an die Auseinandersetzung um das erfolgreich besetzte und letztlich gerettete Haus Frauenstraße 24, das CDU-Mitglied und Makler Günther-Arno Ernst - mit besten Beziehungen zum CDUKreisvorsitzenden und wohnungsbaupolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Friedrich-Adolf Jahn - Ende der siebziger Jahre abreißen wollte. Oder an den Skandal um die maroden Altenwohnungen am Klarastift, der letztlich 1989 den damaligen Oberstadt- direktor Hermann Fechtrup (CDU) das Amt kostete, als herauskam, dass er am Rat vorbei einen Vergleich mit den für den Pfusch mitverantwortlichen Baufirmen abgeschlossen hatte. Oder an den Kampf um den Erhalt der Breul- und Tibus-Häuser, die der ehemalige CDU-Ratsherr und Bauunternehmer Tono Dreßen abreißen lassen wollte, um Platz für teure Appartements zu schaffen.

Jahrelang hat die CDU seitdem versucht, ihr Image als Partei der Miethaie und Spekulanten loszuwerden. Natürlich vergeblich. Jetzt kann sie diese Bemühungen endgültig einstellen. Der schwarze Filz war nie weg, sondern ist für alle erkennbar noch da.

Als im vergangenen Jahr die bisherige CDU-Parteivorsitzende Sybille Benning nach einer aufreibenden parteiinternen Debatte um Mandatsträgerabgaben entnervt die Brocken schmiss, wurde Hendrik Grau ohne Gegenkandidatur zu ihrem Nachfolger gewählt. Grau ist Immobilien- Unternehmer und Projektentwickler und leitet die von ihm 2004 gegründete »HG Grundbesitz GmbH« in Münster. Gleichzeitig kam Graus ehemaliger Chef, der Immobilien-Unternehmer Bernard Homann, wie Grau ehemaliger Karnevalsprinz in Münster, als neuer CDU-Schatzmeister zum Zuge. Außerdem wurde der ehemalige Grau-Angestellte und Projektentwickler Tobias Jainta zum Partei-Vize gewählt. Damit sitzen jetzt gleich drei Vertreter aus der Immobilien-Branche mit engsten Beziehungen zueinander auf Schlüsselpositionen im CDU-Kreisvorstand.

Und nicht nur das: Seit Februar diesen Jahres steht fest, dass Hendrik Grau und Tobias Jainta darüber hinaus auch noch auf aussichtsreichen Listenplätzen für den Rat kandidieren. Sollte Grau und seiner Immobilien-Entourage der Einzug in den Rat gelingen, verfügen sie zukünftig über alle städtischen Informationen, die für Akteure aus der Immobilien-Branche im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert sind. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Damit hat die CDU ein unmissverständliches Signal gesetzt, welche Interessen sie vorrangig in Münster vertreten will. Das ist typisch für Parteien, die sich für unbesiegbar halten, sich de facto aber in der Krise befinden.

Hinzu kommt: Während Grau liebend gerne in Richtung von SPD, Grünen und LINKEN austeilt, kann er selbst nichts aushalten. Seit das städtische Grünflächenamt mit dem Slogan »Sei schlau kein Grau« an Litfaßsäulen dafür wirbt, Gärten zu bepflanzen, statt mit grauem Schotter zuzuschütten, wittert Grau eine parteipolitische Kampagne. Es sei »völlig klar«, dass sich »Sei schlau - kein Grau« gegen ihn persönlich richte, lässt sich Grau zitieren. Außerdem geht er davon aus, dass das nach der Corona-Krise »sicherlich noch Thema im Rat wird«. Man darf gespannt sein.