Am 8. März findet jährlich der internationale Frauenkampftag statt, an dem rund um den Globus Menschen gegen sexistische Diskriminierung und Gewalt an Frauen auf die Straße gehen. In den letzten Jahren hat besonders die Aktionsform des Frauenstreiks an Bedeutung gewonnen, bei dem Frauen dazu aufgefordert werden Lohnarbeit sowie unbezahlte Haushaltsarbeit niederzulegen und sich den Streikveranstaltungen anzuschließen. Wir schauen uns an, in welcher Tradition der Frauenkampftag steht und wofür Frauen heute noch streiken müssen.

Der Ursprung des Frauenkampftages reicht mittlerweile über 100 Jahre zurück, beschlossen wurde er erstmals auf der zweiten internationalen Frauenkonferenz 1910. In Abgrenzung zur bürgerlichen Frauenbewegung stellten die Sozialistinnen nicht nur Reform-Forderungen wie Frauenwahlrecht und die Legalisierung von Abtreibungen, sondern betonten stets, dass erst die Überwindung des Kapitalismus die „wahre Bahnbrecherin für die volle soziale Gleichberechtigung der Frau“ (Clara Zetkin) sein kann.

Was hat das mit den heutigen Protesten am Frauenkampftag zu tun?

Zunächst einmal zeigt es, dass der Frauenkampftag kein „Muttertag 2.0“ ist. Statt um Männer, die sich ausnahmsweise einmal im Jahr dankbar zeigen, geht es um Frauen, die sich zusammenschließen und gemeinsam für ihre Rechte eintreten. Diese kämpferische Haltung zeigt sich auch in der modernen Frauenstreik-Bewegung. Besonders beeindruckend ist die Mobilisierung in Spanien, wo sich 2018 mehr als 5,3 Millionen Frauen dem Streik anschlossen, ihre Arbeit niederlegten und zu Protestveranstaltungen kamen. Hunderte von Zügen und Bussen fielen aus, Straßen wurden blockiert, selbst im Radio waren nur Männer zu hören. Das Motto „Wenn wir streiken steht die Welt still“ traf den Nagel auf den Kopf.

Dieser Erfolg inspirierte Frauen auf der ganzen Welt und auch in Deutschland gewann die Idee eines Frauenstreiks an Popularität. 2019 konnte nicht nur in Spanien ans Vorjahr angeknüpft werden, auch in Deutschland beteiligten sich immerhin circa 70.000 an den Demonstrationen. Dabei wird das Konzept des Frauenstreiks zunehmend erweitert auf einen feministischen Streik, bei dem sich Menschen gemeinsam gegen jede Form von sexistischer Diskriminierung wenden und auch die Rechte von queeren Personen im Fokus stehen.

Aber wofür müssen wir noch streiken?

Wer sich in heute in Deutschland zum Thema Frauenrechte äußert bekommt oft erwidert, dass Frauen und Männer mittlerweile doch die gleichen Rechte haben. Beim ersten Blick in das Grundgesetz mag das auch stimmen: Artikel 3 legt fest, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind. Es ist allerdings naiv anzunehmen, dass strukturelle Benachteiligung und Diskriminierung sich allein durch Gesetze aufheben lässt – wäre dem so, dann gäbe es auch weder Rassismus noch Homophobie. Im Gegenteil: Leider haben Frauen auch heute noch eine ganze Reihe guter Gründe zu streiken.

Streiken für faire Arbeitsverhältnisse!

Frauen bekommen durchschnittlich 21% weniger Lohn als Männer. Das liegt mitunter daran, dass gesellschaftlich als „typisch weiblich“ angesehen Berufe wie Pflege, Kindererziehung, Einzelhandel oder Gebäudereinigung oft sehr schlecht bezahlt sind und die Beschäftigten schamlos ausgebeutet werden. Aber auch „bereinigt“, das heißt wenn nur gleiche Arbeit bei gleicher Qualifikation betrachtet wird, verdienen Frauen immer noch 6% weniger als ihre männlichen Kollegen. Auch Menschen, deren Geschlechtsidentität sich von ihrem (zugewiesenen) biologischen Geschlecht unterscheidet, wie zum Beispiel Trans-Personen, sind betroffen. Gleichzeitig erwarten Partner oder Familie oft, dass Frauen einen großen Teil der Haushaltsarbeit allein oder mit nur wenig Unterstützung erledigen. Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung aus 2017 belegt, dass Frauen rund 2,4 Mal so viel Zeit für unbezahlte Fürsorgearbeit und 1,6 Mal so viel Zeit für Haushaltsarbeit verwenden. Wenn Frauen streiken steht also auch die Welt in den eigenen vier Wänden still.

Streiken gegen sexualisierte Gewalt!

Im letzten Jahr wurden mindestens 135 Frauen durch einen aktuellen oder ehemaligen Partner ermordet – Die Dunkelziffer wird noch deutlich höher liegen. Statt diese Femizide (Frauenmorde) klar zu benennen ist in der Berichterstattung oft verharmlosend von einer tragischen „Beziehungstat“ oder einem „Familiendrama“ die Rede. Gewalt gegen Frauen ist ein massives Problem: Laut BKA waren letztes Jahr 81,3% der Opfer von Gewaltverbrechen weiblich. Wollen wir das etwa stillschweigend hinnehmen?

Für ein Recht auf Schwangerschaftsabbruch!

Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland weiterhin nicht legal, lediglich bis zur 12. Woche straffrei. Wer abtreiben will oder muss ist zu einem Beratungsgespräch verpflichtet, hat Schwierigkeiten eine praktizierende Ärztin oder einen Arzt zu finden, ist dem Hass von Rechten ausgesetzt und muss die Kosten für den Eingriff meist auch noch selbst tragen. Selbstbestimmte Sexualität sollte selbstverständlich sein – Der Paragraph 218 muss weg!

Das hier sind nur einige Gründe, die Liste würde sich leider noch lange fortsetzen lassen. Wir als LINKE wissen, dass es starke Proteste auf der Straße braucht, um etwas zu verändern – deshalb unterstützen wir den Frauenstreik und rufen euch alle zur Teilnahme auf. Aber auch an den restlichen 364 Tagen des Jahres sollten wir gegen Sexismus, Homo- und Transphobie kämpfen – Jeder Tag ist Frauenkampftag!

Bild: © Rasande Tyskar auf Flickr, CC BY-SA 2.0
Dargestellt ist die Protest-Aktion El violador eres tú, die in Chile ihren Anfang nahm und inzwischen auf der ganzen Welt durchgeführt wurde.