Warum die Klimabewegung die Busfahrer*innen braucht
Anfang letzten Jahres begann mit den Fridays-for-Future-Demos eine der größten Bewegungen, die es in der Bundesrepublik jemals gab. Auch in Münster fand am 20.09.2019 die größte Demo der Stadtgeschichte statt, bei der über 25.000 Menschen für einen effektiven Klimaschutz auf die Straße gingen. Geändert hat sich durch die Protestbewegung leider noch nicht besonders viel: Denn die Bundesregierung antwortete mit einem Klimapaket, das laut Expert*innen kaum mehr ist, als ein Tropfen auf den heißen Stein. Wirklich wirksame Methoden den Klimawandel einzudämmen, wie der schnellstmögliche Kohleausstieg und der Umstieg vom PKW-Verkehr zu öffentlichen Verkehrsmitteln, sind im Paket nicht enthalten.
Der Zustand des öffentlichen Personennahverehrs ist daher vielerorts auch mehr als dürftig: Viele Busfahrer*innen müssen 12 Stunden am Tag arbeiten und gehen aufgrund des hohen Druckes, den Personaleinsparungen ausüben, auch mal krank zur Arbeit. In der Vergangenheit wurde der öffentliche Nahverkehr als Teil der Grundversorgung begriffen und war daher meist bisher ein Zuschussgeschäft für die Kommunen. Als die Kassen vieler Gemeinden immer klammer wurden und die Verschuldung wuchs, begannen viele ihre Verkehrsbetriebe an Privatunternehmen zu verkaufen. Die zunehmende Privatisierung führte zu einem Abbau von Strecken und Personal sowie zu einer Erhöhung der Preise. Die Idee, dass sich der öffentliche Nahverkehr rentieren müsse, sorgt auch in kommunalen Unternehmen zunehmend für Sparmaßnahmen und Streichungen.
Doch es gibt eine Chance an diesen Zuständen etwas zu ändern. In diesem Jahr laufen bundesweit die Tarifverträge für die Beschäftigten bei den kommunalen ÖPNV-Betrieben aus: Ab dem 30. Juni wird die Gewerkschaft ver.di daher bundesweit in Tarifverhandlungen gehen, in welchen die Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen im Vordergrund stehen wird. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen ist gerade in Anbetracht der Tatsache wichtig, dass in den nächsten sechs Jahren 30.000 zusätzliche Beschäftigte benötigt werden.
An diesem Punkt kommen die Interessen der Klimabewegung und der Beschäftigten konkret zusammen. Die Klimabewegung möchte einen funktionierenden, ausgebauten und kostenlosen ÖPNV, damit mehr Menschen auf ein eigenes Auto verzichten. Das setzt eine ausreichende Zahl an Beschäftigten in diesem Sektor voraus, die unter guten Bedingungen arbeiten. Um die benötigten 30.000 Stellen zu füllen, muss der Beruf der Busfahrer*innen deutlich attraktiver werden. Das bedeutet kürzere Arbeitszeiten, höherer Lohn und gesellschaftliche Anerkennung. Die Gewerkschaft fordert ein Investitionspaket für den öffentlichen Nahverkehr von der Bundesregierung.
Die Klimabewegung sollte das Gleiche tun und zudem noch die Forderung nach einem kostenlosen öffentlichen Nahverkehr auf die Tagesordnung setzen. Die Gewerkschaft kann Rückendeckung in den Tarifverhandlungen gut gebrauchen, die Klimabewegung hingegen braucht auf Dauer den gesellschaftlichen und ökonomischen Druck der lohnabhängig Beschäftigten. Die Solidarität im gemeinsamen Kampf mit den Busfahrer*innen kann ein erster Schritt in diese Richtung sein. Vom ÖPNV-Streik zum Generalstreik!
Bild: Dominic Wunderlich auf Pixabay